GOETHE UND EIN WIRTSCHAFTSMINISTER


Eine Äußerung - da fiel mir doch was dazu ein.…


Erinnern Sie sich, damals so um das Jahr 2003 herum? Damals dachte der Bundeswirtschaftsminister - und auch andere sogenannte Vordenker aus wirtschaftlichen Interessen - laut über die Anzahl von Feiertagen in Deutschland zwecks einer Verringerung der selbigen nach. Ihnen allen passten offensichtlich nicht die freitäglichen Brückentage nach Christi Himmelfahrt oder Fronleichnam, beides Feiertage mit Donnerstagbindung.


Nun - es hat zum Glück nichts gebracht. Und doch ist die Problematik "Feiertage" immer noch und stets aktuell, wenn die Öffentlichkeit mal wieder  mitten in der Woche ruhen muss. Denn: wer beachtet heutzutage noch den Sinn von Feiertagen?


Hier nun der Beitrag aus einem Gemeindebrief aus dem Jahr 2003, zeitlich und begrifflich aktualisiert.


„Recht hat er! Endlich mal einer, der deutliche Worte sagt“ – haben damals vielleicht Einige gedacht, wie der Bundeswirtschaftsminister des Freizeitparadieses Deutschland den Finger in eine Wunde legte. So viel Feiertage – wozu? Mehr arbeiten! Immer diese quälenden Gedanken mit den inzwischen hohl gewordenen besonderen Anlässen innerhalb eines (Kirchen)Jahres: warum, weshalb, wieso plötzlich mitten in der Woche die Arbeit ruhen soll, das Gleichmaß der Woche von Montag bis Samstag durch Nichtstun unterbrochen werden muss. Ist schon schlimm genug, dass ausgerechnet einmal in der Woche sonntags sich die kauflustigen und abwechslungswütigen Zeitgenossen in Zurückhaltung üben müssen, weil eben die Türen und Kassen von den Einkaufstempeln so einfach geschlossen bleiben.


Also - weg mit dem ideologischen Ballast einer längst vergangenen Epoche. Ist doch nur anstrengend, sich mit Inhalten zu beschäftigen, nachzudenken und Feiertage mit Arbeitsruhe bewusst zu leben.


Es wäre zum Heulen, wenn Wochenfeiertage wegfallen und das vom Minister initiierte Szenario  wirklich eintreten würde! Ist schon schlimm genug, dass einer Kraft seines Amtes so laut in der Öffentlichkeit nachdenkt und viel schlimmer noch: die sensationsheischende Öffentlichkeit ihn so nachdenken lässt, wenn man die Äußerungen überhaupt als Produkt eines Denkprozesses bezeichnen kann. Irgendwie hat solch ein „Nachdenker“ Mitleid und Nachsicht verdient, denn manchem Zeitgenossen scheint das Gefühl einer rechten Zeiteinteilung verloren gegangen zu sein.


„Saure Wochen, FROHE Feste, sei dein künftig Zauberwort!“ eine klare Maxime im „Schatzgräber“ von Goethe. Werte durch Arbeit schaffen, ob im Unternehmen, mit der Hausarbeit, im Garten oder sonst wo. Aber eben nicht nur schaffen; es muss einfach Zeiten der besonderen Unterbrechung - eben Feiertage geben zum Genießen dieser Werte,  zum Innehalten.

 

Nur: „Was Du ererbt von Deinen Vätern – erwirb es, um es zu besitzen!“ formuliert ebenfalls Goethe in seinem "Faust“. Und hier liegt des Pudels Kern. Was für die Altvorderen selbstverständlich und nachvollziehbar war, ist durch eine unheimlich grassierende Liberalität im allgemeinen Verständnis untergegangen.


Mal ganz unter uns und ganz, ganz ehrlich: was wurde denn unser geistiges Eigentum, was kann von uns überhaupt noch mit Inhalt vererbt werden? Welches Wissen ist bei uns vom religiösen und liturgischen Brauchtum vorhanden?


Wo ist das Verständnis für bestimmte Feiertage und Anlässe?

Wer gibt es weiter?

Kinder und auch Große lernen von Hinführung und Vorbildern.

Wer sind sie aber? Die Eltern – vielleicht auch die Großeltern, Freunde, Priester?

Wer kann durch sein Tun überhaupt wirklich nachahmenswertes Vorbild  sein? Du? Ich? Oder Wer?


„Die Feste feiern, wie sie fallen“ – wer kennt nicht das Sprichwort? Bleibt zu hoffen, dass die Feiertage auch in Zukunft (ganz gleich ob arbeits- und schulfreifrei) mit ihrem tiefen Sinn erhalten bleiben.


Viel wichtiger: dass die Feiertage wieder so richtig mit Inhalt und Leben erfüllt werden.


Ja schön - aber durch wen denn? Eben durch Dich, mich, uns allen. Dann gibt’s keine Basis für Querdenker, hoffentlich auch nicht für ministeriale Geistesergüsse.


Soweit der Text von damals. Und nun ein paar Nachsätze aus dem Heute.


An der Situation hat sich überhaupt nichts geändert!


Auch die Maßnahme in den neunziger Jahren zur staatlichen Streichung des Buß- & Bettages im November zur Finanzierung der Pflegeversicherung hat nichts gebracht, ausser eben den Verlust eines Tages zur Besinnung und Einkehr.


Ich hoffe besonders für die Feiertage mit religiösen Inhalten, dass eben gerade die Anlässe seitens der Kirchen unverbrämt und klar verständlich für alle Zeitgenossen interpretiert und immer wieder nahe gebracht werden und so gefeiert werden, wie sie eben fallen: zum Beispiel durch Hinweise in den sonntäglichen Vermeldungen auf bevorstehende Feste oder Gedenktage in der nächsten Woche oder gut lesbar in den Wochenübersichten in den Schaukästen.


Ist es nicht sonderbar, dass die Pläne und Vermeldungen in manchen Gemeinden keinerlei Hinweise auf liturgische Gegebenheiten im Klartext enthalten? Nur Datum, Uhrzeit und Ort der Gottesdienste?

Oder nur den x-ten Sonntag in der Jahreszählreihe?


Wer erfährt auf diese Weise insbesonders von den zahlreichen Fest- und Gedenktagen in der katholischen Liturgie, die letzten Endes das Bunte, das Farbige, das Einmalige im Kirchenjahr ausmachen?


Wird dies alles nicht mehr genannt und weitergegeben, geschieht es wie in Michael Ende´s  "Die Unendliche Geschichte" - irgendwann und irgendwie greift das NICHTS grassierend um sich und werden, wie im zweiten Film gut dargestellt, die Seiten leer und haben gar keine Inhalte mehr. Keine Inhalte mehr zum Weitergeben, Erinnerungen an Glaubensgüter verflachen, entschwinden…und letzten Endes die Gottesdienstteilnahme…was ja schon in vielen Gemeinden Realität geworden ist…


Schade, sehr schade - eine perfekte Selbstamputation!


Das möge nie vollends eintreten, hoffentlich!


Herzlichst,

Ihr

Ludwig Krafczyk

aus Hermsdorf in Thüringen


Original veröffentlicht im Infobrief "St. Josef" Juli 2003

Nachdruck ist nicht gestattet


Zum nebenstehenden Bild:


„Inhalte entschwinden“ - wenn Fakten zu einem Fest nicht mehr genannt und erwähnt werden, wird alles unscharf, undurchsichtig und verschwindet endgültig - aus dem Wortschatz, aus dem Sprachgebrauch, aus der Erinnerung…


Original-Foto: Engelskulptur im Benediktiner-Kloster Maria Laach, LK 2009

siehe auch auf der Impuls-Seite „Schutzengel“





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