Emmaus damals - Emmaus auch noch heute?


Gedanken aus der Osterzeit - können aber doch immer gelten, oder?


In vielen Rätselheften wird mitunter ein biblischer Ort abgefragt. Nach den ersten Anhaltspunkten zum Erraten des Ortes weiß der bibelfeste Rater, welcher Ort gemeint ist: Emmaus. Bei genauerem Nachdenken kommt auch der Hintergrund und der Zusammenhang des Ortes mit der Bibel ins Gedächtnis. Richtig: das hatte doch etwas mit Ostern zu tun.


Wie alljährlich am Ostermontag im Evangelium zu hören ist, waren da zwei Männer von Jerusalem aus unterwegs zu diesem Flecken in der Landschaft. Vielleicht wollten sie noch weiter? Offenbar aufgewühlt, aufgeregt miteinander die Gedanken austauschend über die Turbulenzen zum eben vergangenen Pasha-Fest in Jerusalem. Als Jünger werden sie uns beschrieben. Jünger, besser Anhänger des Jesus von Nazareth. Einer, von denen sie glaubten, er bringe eine neue, bessere Welt für ihr Volk. Beweise dazu gab es ja genügend: Kranke hat er geheilt, Lahme konnten wieder gehen, Blinde sehen und - kaum zu glauben - Hungernde wurden mit einer sagenhaften Speisung gesättigt. Wäre das schön, solch einen zum Führer zu haben!


Und nun das: diese Hoffnung, diese Erwartung zur Überwindung vieler Missstände wurde so urplötzlich begraben. Im wahrsten Sinne des Wortes. Was hatte sich nicht alles in den letzten Tagen zugetragen: ein Schauprozess durch fingierte Beschuldigungen. Engstirnige religiöse Führer und Priester des Jerusalemer Tempels im vorauseilenden Gehorsam gegenüber der Besatzungsmacht der Römer brachten den Mann ans Kreuz, der die Liebe zu den Menschen bringen wollte und auch gebracht hat. Prozess, Kreuzigung, Tod - das war einfach zuviel. Zuviel für Viele, die mit ihm im Lande unterwegs waren und wissbegierig seine Worte aufnahmen. Jetzt das Ganze ein Scherbenhaufen: enttäuschte Hoffnungen, zerbrochene Illusionen - nur weg von diesem Ort. So dachten wahrscheinlich auch diese Jünger. Dann noch diese Geschichte: plötzlich sei er wieder da, einigen Frauen erschienen. Einer der tot war, wieder lebendig!


Das war damals. Wie der Bericht weitergeht, ist dem kundigen Gottesdienstbesucher bekannt: ein Mann gesellt sich zu ihnen, und legt den Zweifelnden die Schrift dar. „Musste dies nicht alles geschehen?" Wenig später gehen ihnen die Augen auf, nicht nur, wer dieser Mann ist, sondern bestimmt auch über ihr eigenes Verhalten. Die Konsequenz daraus: zurück nach Jerusalem, zurück in die Gemeinschaft, zu den vertrauten Gesichtern, die eben erfahrene Neuigkeit anderen mitteilen, umkehren von einem Weg, der sie mit Sicherheit von dieser Gemeinschaft weggeführt hätte. Die anderen an ihrem AHA-Erlebnis der Erkenntnis und der Umkehr teilhaben zu lassen.


Tja, damals. Und heute? Wie oft warten wir auf ein AHA-Erlebnis, damit Dinge offenbar und unsere Wünsche erfüllt würden, der Glaube durch intelligentes Wissen über viele Dinge abgesichert ist. Wie oft ziehen wir uns in ein selbstgezimmertes Schneckenhaus zurück, weil die Welt um uns nicht unseren Vorstellungen entspricht: Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung über Vorgänge im Miteinander, in der Gesellschaft - von der Politik ganz zu schweigen - aber auch in der Glaubensgemeinschaft unserer lieben, alten katholischen Kirche. „Es hat ja doch keinen Zweck!" - meinen nicht wenige.


Sie gehen eigene Wege, Wege nach ihrem Gutdünken. Stehen abseits, bleiben weg, werden gleichgültig als Einzelperson, Altersgruppe oder Familie und suchen ihr eigenes Glück in der Abgrenzung, die sehr schnell zur persönlichen Ausgrenzung wird.


Wie oft übersehen wir dabei die kleinen Offenbarungen im Alltag - die Chancen zur Umkehr, zurück aus der Isolierung, zum gemeinsamen Tun.


So wünsche ich uns allen, gleich in welcher Lebenssituation wir uns befinden, ein Erlebnis der Erkenntnis, wie es damals die Jünger auf ihrem Weg nach Emmaus erfahren hatten; ein Erlebnis, das uns alle auf den Weg zu der Gemeinschaft bringt, zu der wir durch das Sakrament der Taufe berufen wurden: in die lebendige katholische Kirche, an den Altar, vor den Tabernakel - dem Mittelpunkt einer jeden katholischen Gemeinde, auch im Hermsdorfer Katholischen Gemeindezentrum „St. Josef“, denn da ist der zugegen, der Klarheit in so viele Gedanken brachte und bringt - wie damals den Jüngern auf ihrem Weg der Ungewissheit zur Mut machenden Erkenntnis.


Auch und gerade heute - wenn wir nur wollen.


Herzlichst,

Ihr

Ludwig Krafczyk

aus Hermsdorf/Thüringen


Original veröffentlicht im Gemeindebrief "St. Josef" April/Mai 2002

Nachdruck ist nicht gestattet


Zum nebenstehenden Bild:


Bildliche Darstellung nach dem Lukasevangelium

„Die Erscheinung Jesu auf dem Weg nach Emmaus“

In Bronze gefertigt von Bildhauer Wener Nickel, Nienburg


Die Schriftstelle nach Lukas Kapitel 24, Verse 13-35 finden Sie hier,

mehr zu Werner Nickel hier.



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